Menu

Gewaltschutzgesetz: Ab wann persönlich Belästigendes auch rechtlich als Belästigung anzusehen ist

Auf den Nachbarbalkon schauen kann erlaubt sein.

Bei einer Trennung kann es gerade in der ersten Phase zu unangenehmen Belästigungen kommen, vor allem durch den, der die neue Situation nicht versteht und mit ihr nicht zurechtkommt. Was ist dabei hinzunehmen, was nicht? Eine Frage, die die Gerichte immer wieder beschäftigt.

 

Dem Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) wurde folgender Fall vorgelegt: Zwei Expartner lebten nebeneinander in ihren jeweils eigenen Wohnungen, deren Balkone aneinandergrenzten. Durch Vorbeugen und Kopfdrehen war es möglich, vom einen Balkon auf den anderen zu schauen. Und genau dies tat der Expartner. Die somit immer wieder beobachtete Exfrau fühlte sich dadurch belästigt. Und so begehrte sie vom Gericht Hilfe, indem sie sich auf das Gewaltschutzgesetz berief. Danach darf nicht “in die Wohnung einer Person oder deren befriedetes Besitztum” eingedrungen werden. Aber bedeutet das auch, dass nicht mehr auf den Balkon oder gar in die Wohnung geschaut werden darf, sofern das ohne große Anstrengungen möglich ist? Ist denn schon das bloße Hinschauen in diesem Sinne ein Eindringen? Nein, entschied das Gericht.

 

Einen Fuß in die Wohnungstür zu setzen, ins Fenster zu greifen, mit einem Teil des Körpers in den Wohnraum zu gelangen – das alles ist nicht erlaubt! Aber sich vorzulehnen, den Kopf zu drehen und herüberzublicken – all das sei nichts, das das Gewaltschutzgesetz untersagt.

Hinweis: Das Gewaltschutzgesetz ist nicht nur zwischen Ehegatten anwendbar. Es ist ein Gesetz, das geschaffen wurde, um gegen Gewalttaten und Nachstellungen vorgehen zu können. Damit sind insbesondere auch die Fälle gemeint, die unter dem Begriff “Stalking” zusammengefasst werden. Aber das Gesetz kennt auch Grenzen. Eine davon hat das OLG hiermit vorerst gezogen.

 

Quelle:                      OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 21.03.2016 – 4 UF 26/16

nächster Beitrag:

vorheriger Beitrag



Bewertungen unserer Kanzlei