Medikamenteneinnahmen verweigert: Vor ärztlicher Zwangsmaßnahme ist ein Überzeugungsversuch mit Zeit und ohne Druck unabdingbar
Wer wegen einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen kann, erhält von Gesetzes wegen einen Betreuer. Wie weit dessen Befugnisse bei gesundheitlichen Belangen gehen, war im Folgenden vom Bundesgerichtshof (BGH) zu beantworten.
Der Fall
Hierbei ging es um einen Fall, in dem sich eine Betreute gegen eine medizinische Maßnahme wehrte, die von Seiten der Ärzte als unumgänglich angesehen wurde. Eine unter Betreuung stehende Frau litt an einer paranoiden schizophrenen Störung. Ihr Betreuer, zu dessen Aufgabenkreis die gesundheitlichen Belange gehörten, konnte sie nicht dazu bewegen, überlebensnotwenige Medikamente einzunehmen. Er beantragte deshalb die gerichtliche Genehmigung für die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung sowie für eine ärztliche Zwangsmaßnahme. Gegen die vom Gericht ausgesprochene Genehmigung ging die Betreute bis vor den BGH.
Die Entscheidung des BGH
Doch dieser billigte das Verhalten der Vorinstanzen.
Der BGH betont in seiner Entscheidung, dass der freie Wille des Betreuten zwar auch dann zu beachten ist, wenn eine Betreuung angeordnet und ein Betreuer bestellt ist. Auch kommt es nicht einfach darauf an, dass eine bestimmte medizinische Maßnahme wichtig und gegebenenfalls sogar erforderlich ist.
Wichtig ist vielmehr unter anderem – und dies ist so auch gesetzlich geregelt -, dass vor jeder erforderlichen Maßnahme ernsthaft versucht wird, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung unzulässigen Drucks den Betreuten von der Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme zu überzeugen. Erst wenn diese Bemühung erfolglos ist, kann die Maßnahme zwangsweise angeordnet und durchgeführt werden. Zeigte sich die oder der Betreute einmal uneinsichtig, ist vor der nächsten Maßnahme der Versuch erneut zu unternehmen. Im entschiedenen Fall sah der BGH diese Voraussetzungen als gegeben an und erkannte somit auf die Rechtmäßigkeit des Vorgehens.
Hinweis: In freiheitsbeschränkenden Maßnahmen ist der BGH zu Recht sehr streng und genehmigt diese erst nach hinreichender Prüfung.
Quelle: BGH, Beschl. v. 12.09.2018 – XII ZB 87/18
Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de