Verpasste Karriere
Hat ein Ehegatte einen Anspruch auf Unterhalt für die Zeit nach der Scheidung, stellt sich auch die Frage, wie lange der Unterhalt zu bezahlen ist. Das Gesetz ist vor allem dahingehend von Bedeutung, wer hier darlegungs- und beweispflichtig ist. Dazu ergeben sich immer wieder Problemstellungen. So auch im folgenden Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG).
Der Einspruch der Ehefrau
Hier nahm die Frau nach 18,5 Monaten ihre Arbeit wieder auf, nachdem ihr voriges Beschäftigungsverhältnis wegen der Geburt des Kindes geendet hatte. Sie konnte nun zwar wieder das ursprüngliche Einkommen erzielen, machte aber geltend wegen der Erziehungszeit den Karrieresprung zur Laborleiterin verpasst zu haben. Dies hätte ca. 800 EUR mehr Gehalt bedeutet. Folglich wäre dies als ehebedingter Nachteil vom Mann als Unterhalt dauerhaft zu zahlen. Aufgrund der Arbeitslage sei es ihr nicht mehr möglich diesen Schritt nachzuholen.
Das sagt das Gericht dazu
Das OLG lehnte ihr Begehren jedoch ab. Zwar sah es das Gericht die Nachweispflicht durchaus auf Seiten des Mannes, dass bei der Frau keine ehebedingten Nachteile eingetreten sind. Dieser Nachweis sei aber dann als geführt anzusehen, wenn die Unterhaltsberechtigte (wie hier) wieder Einkünfte auf dem vorehelichen Niveau erziele. Den Vortrag, dass es ohne Ehe wegen entsprechender Karriereschritte zu einer nennenswerten Einkommenssteigerung gekommen wäre, hat dann der Unterhaltsberechtigte zu beweisen. Dabei ist auf das bisherige Verhalten in der Ehezeit abzustellen sowie auf Talent, Neigung und die Bereitschaft zum Erwerb von Zusatzqualifikationen. Da die Frau in dieser Hinsicht zu wenig vorbringen konnte, scheiterte sie.
Hinweis: Immer stellt sich in der Praxis die Frage, wie lange ein Unterhaltsanspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, wenn er zunächst einmal gegeben ist. Liegen ehebedingte Nachteile vor, ist dies unbefristet der Fall. Wenn es deshalb um die Frage ehebedingter Nachteile geht, ist es angezeigt, sich fachlichen Rat einzuholen – schließlich geht es um viel.
Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 11.08.2020 – 13 UF 192/19
Fundstelle: www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de
Es wird darauf hingewiesen, dass gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich Einzelfallentscheidungen sind und nicht ohne weiteres auf vergleichbare /ähnliche Sachverhalte übertragen werden können, da auch diese vom zuständigen Gericht als Einzelfall beurteilt werden müssen. Ob das dargestellte Urteil auch auf Sie anwendbar ist, können wir gern in einem persönlichen Gespräch erörtern.