Wer Verstorbenen gegenüber Ansprüche geltend machen möchte, wendet sich im Allgemeinen an dessen Erben. Dazu müssen diese dem Gläubiger natürlich nicht nur bekannt sein, sie müssen auch willens sein, in die Pflichten des Erblassers einzutreten. Wann in solchen Zusammenhängen genau ein Anspruch auf die Bestellung eines Nachlasspflegers vorliegt, musste das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) klären.
Die Rückabwicklung des Mietverhältnisses „ohne Erben“
Die kinderlose Erblasserin, deren Ehemann bereits vorverstorben war, war Mieterin einer Wohnung. Nach dem Tod der Frau beantragte die Vermieterin die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zur Beendigung des Mietverhältnisses sowie Rückgabe der Wohnung. Die Vermieterin gab an, dass die ihr bekannten Erben die Erbschaft nach eigener Auskunft ausgeschlagen hätten und weitere Erben nicht bekannt seien. Das Nachlassgericht hat den Antrag zunächst zurückgewiesen und die Entscheidung damit begründet, dass die Erben sehr wohl bekannt seien und eine Frist zur Ausschlagung der Erbschaft verstrichen sei. Allerdings sei die Erbenermittlung des Nachlassgerichts noch nicht abgeschlossen.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft lägen vor, da davon auszugehen sei, dass die Erben entweder unbekannt seien oder Ungewissheit über die Annahme der Erbschaft besteht. Dies ergebe sich schon aus der eigenen Mitteilung des Nachlassgerichts. Darüber hinaus steht es einer Vermieterin auch zu, zum Zweck der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlass richtet, einen Antrag auf Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zu stellen. Auch ohne Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung geht es der Vermieterin darum, ihren Anspruch auf Rückgabe der Mietsache gegen den Nachlass durchzusetzen. Dies ist der gesetzlichen Zweck zur Einrichtung einer Nachlasspflegschaft. Es ist nicht erforderlich, dass ein sicherungsbedürftiger Nachlass existiert. Eine Nachlasspflegschaft kann auch dann eingerichtet werden, wenn der Nachlass aller Voraussicht nach wirtschaftlich “dürftig” ist.
Hinweis: Es ist für die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nicht notwendig, dass der Gläubiger seine Ansprüche sogleich gerichtlich geltend machen möchte. Ausreichend ist, dass der gerichtliche Weg eingeschlagen wird, sobald eine außergerichtliche Regelung scheitert.
Quelle: OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.04.2021 – 3 W 35/21
Es wird darauf hingewiesen, dass gerichtliche Entscheidungen grundsätzlich Einzelfallentscheidungen sind und nicht ohne weiteres auf vergleichbare /ähnliche Sachverhalte übertragen werden können, da auch diese vom zuständigen Gericht als Einzelfall beurteilt werden müssen. Ob das dargestellte Urteil auch auf Sie anwendbar ist, können wir gern in einem persönlichen Gespräch erörtern.